Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben! Jesus Christus

Tim Stretton

Tim Stretton habe ich im Rahmen des VIE-Projektes (VanceIntegralEdition) 2002 persönlich kennengelernt. Ich habe seine Romane gelesen, und Dragonchaser hat mir so gut gefallen, dass ich ihn gern übersetzen und in Deutschland veröffentlichen wollte. So ist die Paperbackausgabe Serendip entstanden.

Tim Stretton über Serendip:

Serendip wurde zum größten Teil im Jahre 2002 geschrieben und ist mein erster Versuch, ein Werk der Fantasy zu schreiben. Wieder ist der Einfluss von Jack Vance deutlich zu spüren, doch während The Zael Inheritance [Strettons erster Roman] von den Dämonenprinzen-Büchern inspiriert war, ist Serendip näher an Lyonesse und vielleicht Maske: Thaery.

Serendip ist von Beginn an als Fantasy ohne epische/heldenhafte Dimension in der Art Tolkiens konzipiert worden. Diese Art der Fantasy ist wie eine Pflanze, die übermäßig angebaut wurde und deren Boden aller Nährstoffe beraubt ist. Mein Bestreben war es, einen Fantasyroman zu schreiben, in dem keine Elfen, Zwerge oder andere mythische Rassen vorkommen, der sich nicht um eine Suche oder eine verlorene Krone dreht, in dem keine Magie herrscht und in dem es keine – ich wiederhole – keine Drachen gibt …

Der künstlerische Sparkurs überlebte nicht einmal die ersten Abschnitte des Buches. Meerjungfrauen wurden eingeführt, weitgehend aus einer Laune heraus, aber sie funktionierten als Handlungselement so gut , dass sie ihren Platz im Buch rechtfertigen. Mehr als ein Leser sagte über die Meerjungfrauenszene in Kapitel 1: »Ich will sehen, wie du das hinbekommst.« Diese Reaktion reichte mir, um sie im Buch zu lassen.

Auch die Magie wurde wieder eingeführt. In vielen Fantasygeschichten  gibt es Magier, die hemmungslos Zauber verwenden, selbst wenn in den besten von ihnen (wie beispielsweise in LeGuins Erdsee-Trilogie) ein Preis für eine solche Macht zu bezahlen ist. In Serendip besitzt die Magie eine andere Stellung: lange vor der Zeit, in welcher der Roman spielt, wurde sie missbraucht. Jene, die sie nun ausüben, sind Gesetzlose, die im Untergrund agieren müssen. Und die Vorteile der Magie sind äußerst begrenzt. Die im Roman angewandte »Alte Kraft« dient vorwiegend einer begrenzten Hellseherei, und selbst diese schwindet mit dem Alter der Ausübenden.

Nichtsdestoweniger bleibt Serendip eine humanistische Art der Fantasy. Der Roman wird getragen von den Beziehungen zwischen den Charakteren, und ihre Beweggründe sind jene, die wir kennen: Ambition, Habgier, Loyalität, das Bedürfnis nach einem Lebensziel und in manchen Fällen schlichte Langeweile. Der Held, Mirko, weiß eigentlich gar nicht, was er überhaupt will.

Das Ergebnis ist ein Fantasyroman, der nicht jeden Geschmack treffen wird. Der Mangel an kennzeichnender, traditioneller Fantasy mag einigen Lesern nicht behagen, doch dafür werden einige Krücken für schwache Handlungsstränge und Charakterisierungen vermieden. In Serendip entfaltet sich die Handlung durch geplante Charakterdynamik  und nicht durch unerwartete Zauberei. Und wenn Sie an Galeerenrennen Spaß haben, umso besser!

Weitere Bücher von Tim:

The Zael Inheritance

Dragonchaser

The Dog of the North

The Last Free City

 

 

 

Hier zwei Appetithäppchen aus Serendip:

Einführung auf Formello, dem Sitz von Elektor Bartazan von Bartazan-Haus:
Liudas beugte sich vor und sprach leise zu Mirko: »Denken Sie daran – dies ist Formello, wo die Ereignisse förmlicher vonstatten gehen, als Sie gewohnt sein mögen. Vermeiden Sie es, sich der Aufmerksamkeit der Elektoren aufzudrängen, und benehmen Sie sich, ohne offensichtliche Possen zu vollführen. Warten Sie geduldig, bis der Elektor sich entschieden hat, die Geschäfte mit Ihnen aufzunehmen. Trinken Sie nicht im Übermaß; Sie bringen sich damit nur in Verlegenheit und mehr noch den Elektor: in indirektem Sinne sogar mich. Sie werden viele Frauen zu Gesicht bekommen, die meisten von ihnen ansehnlicher, als Sie es gewohnt sind. Seien Sie versichert, dass allein Ihre Gewandung ausreichen würde, auch nur die Niedrigste von ihnen abzuschrecken, ganz zu schweigen von Ihrem flegelhaften Benehmen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass jedwede Lüsternheit, Vertraulichkeit oder Tändelei nicht nur unlieb wäre, sondern unsäglich charakterlos.«»Ihr schlagt also vor, ich sollte still in der Ecke stehen und versuchen, der Aufmerksamkeit der Gesellschaft zu entgehen, bis der Elektor sich entsinnt, warum er mich eingeladen hat?«»Im Wesentlichen, ja!«Als er [Mirko] vor das Tor trat, sah er sich mit einem ungewöhnlichen Apparat konfrontiert. Auf einem großen, weißen Schild stand:Dies ist DunklingSitz des Hauses DrallBitte die Troddel ziehen, die dem Status entspricht

 

Am Schild befestigt waren verschiedenfarbige Seile, von denen jedes zur leichteren Identifizierung beschriftet war:

 

Peremptor oder dessen Repräsentant

Elektoren von Paladria oder deren Repräsentanten

Personen vornehmer Herkunft

Bürger und Freie

Händler, die eine Verabredung haben

Händler, andere

Lümmel und Vagabunden

 

Mirko hielt dieses System für kurios. Während die Aufgabe von Koopendralls Personal leichter wäre, würden sich Lümmel und Vagabunden auf diese Art und Weise ankündigen, schien es ihm, dass die richtig Abgefeimten aller Wahrscheinlichkeit nach so listig sein würden, eine andere Troddel zu ziehen. Er fragte sich, welche davon seinen Status repräsentierte. Er unterdrückte die starke Versuchung, die mit »Lümmel« gekennzeichnete zu ziehen und entschied sich nach kurzer Überlegung für »Personen vornehmer Herkunft«.